Rentenanpassung 2016 als Zeichen der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung?

Jetzt ist es bekannt: die Bundesregierung gab diese Tage die Rentenanpassungen per 1. Juli 2016 bekannt. Es handelt sich um eine rekordverdächtige Erhöhung von 4,25% für den Westen, bzw. 5,95% für die Rentner im Osten Deutschlands. Bei der Rentenanpassung 2016 handelt sich hier um die höchste Rentenerhöhung seit 1993. Allerdings lag damals die Inflationsrate nicht bei 0,3%, sondern bei 4,5%! Insofern dürfte es sich hier um die höchste reale Rentenerhöhung der Neuzeit handelt. Also alles paletti bei der gesetzlichen Rentenversicherung? Ganz und gar nicht.

Beweis der Leistungsfähigkeit der GRV?

Die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles platzte beinahe vor Stolz, als sie die höchste Rentenanpassung seit 1993 verkünden durfte. Sie, Ihre Kollegen aus der Regierungsqualition (welche sich für einmal nicht in aller Öffentlichkeit zerstritten zeigten) und einige besonders qualifizierte Journalisten feierten diese Tatsache daraufhin als Beweis der Leistungsstärke der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Frage ist nur, ob sie das tatsächlich ist.

Wer bereits nichts hat, profitiert auch nicht

Zweifel sind angebracht. Natürlich bedeutet die Rentenerhöhung per 1.7.2016 für viele Rentner einen netten Bonus. Allerdings nicht für jene ca. 8% (genauere Daten sind aktuell nicht erhältlich) der Rentner, welche auf die sogenannte Grundsicherung angewiesen sind. Deren Plus an Rente wird durch ein gleich hohes Minus an Grundsicherung ausgeglichen.

Die Zahl der Menschen, welche im Alter von der Grundsicherung abhängig sind, ist seit Jahren im Steigen begriffen (siehe Tabelle). Experten erwarten, dass sich diese Entwicklung auf Grund der Absenkung des Versorgungsniveaus auf 43% des letzten Nettogehaltes, weiter beschleunigen wird. Selbst ohne Berücksichtigung der möglichen Entwicklungen am Arbeitsmarkt – wo in den nächsten 20 Jahren rund 50% der Jobs wegfallen, weil die Arbeiten zukünftig von Maschinen besser und billiger erledigt werden wird – dürfte das dazu führen, dass rund 40% der Menschen auf Grundsicherung angewiesen sein werden. Angesichts dieser Tatsache aus einer rückwärtsgerichteten Rentenanpassung zu schließen, die GRV sei leistungsfähig, grenzt an Hohn.

Rentenanpassungen sind voll steuerpflichtig

Auch jene Menschen, welche tatsächlich von einer Rentenerhöhung profitieren, können sich nicht über 4,25%, bzw. 5,95% mehr in ihren Taschen freuen. Denn wie jede Rentenerhöhung ist auch diese voll steuerpflichtig.

Für rund 70.000 Menschen soll die Rentenanpassung 2016 sogar erst zu einer Steuerpflicht führen. Davor lagen Sie unter dem Grundfreibetrag und mussten noch gar keine Steuern zahlen, bzw. keine Steuererklärung abgeben. Ab dem kommenden Jahr dürfen sich diese 70.000 Steuerzahler auf das wiedererlangte Recht zur Abgabe einer jährlichen Einkommenssteuererklärung freuen.

Neben der Einkommensteuer werden die Renten auch durch die Beiträge zur Krankenversicherung gemindert. Aktuell gehen – ohne den jeweiligen Zusatzbeitrag der Krankenversicherung – 7,4% der Rentenerhöhung als Prämie für die Krankenversicherung verloren.

Die Rentenanpassung 2016 – ein netter Bonus ohne positive Wirkung für die Zukunft

Trotz aller Abzüge bleibt es bei der großen Mehrheit der Rentner unter dem Strich bei einer Erhöhung der Bezüge von ca. 2,8 – 4%. Das ist für viele ein schöner Zuschlag, keine Frage. Daraus aber zu schließen, die gesetzliche Rentenversicherung würde durch diese Erhöhung ihre Leistungsfähigkeit beweisen ist einfach nur frech. Oder dumm, ganz wie man es sehen mag.

Tatsache ist: von der übermäßig hohen Rentenanpassung des Jahres 2016 profitiert in erster Linie der Staat und die Politik. Der Staat, weil ihm die Hälfte des Geldes direkt (Steuereinnahmen) oder indirekt (weniger Ausgaben für die Grundsicherung) zukommt. Die Politik, weil sie sich einmal mehr im Lichte des Erfolges sonnen kann. Ein Erfolg, welcher nicht ihren Aktivitäten, sondern der Arbeit der Wirtschaft geschuldet ist.

Keinen Vorteil haben jene, welche eigentlich dringend darauf angewiesen wären: Menschen, welche von der Grundsicherung leben. Und die Generationen von Beitragszahlern, welche mit der überdurchschnittlich hohen Rentenerhöhung eine weitere Last für die Zukunft aufgebürdet wird.

Die Umverteilung von jung zu alt geht also unvermindert weiter. Kein Grund zu Feiern.

Daniel S. Batt
dipl. Finanzplaner FA (FH)